Die unsichtbaren Narben: Wie Traumata das Leben von Pflegekindern prägen

Die unsichtbaren Narben: Wie Traumata das Leben von Pflegekindern prägen

Inspiriert von einer kürzlich besuchten Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Thema „Traumatische Erfahrungen bei Pflegekindern“, möchte ich in diesem Blogartikel auf die besonderen Herausforderungen eingehen, denen Pflegekinder mit ihren Traumata gegenüberstehen. Angesichts der Tatsache, dass jedes Pflegekind mindestens ein Trauma erlebt hat – sei es der Bindungsabbruch zu den leiblichen Eltern oder Misshandlung, Missbrauch, etc. – ist es von entscheidender Bedeutung, sich dieser Thematik bewusst zu sein und Wege zu finden, um diesen Kindern die Unterstützung zu bieten, die sie brauchen. Ich schreibe auch darüber wo man bei Bedarf Hilfe bekommen kann und welche Bücher sich zur Vertiefung empfehlen.

Die Auswirkungen von Traumata auf Pflegekinder

Pflegekinder stehen vor einzigartigen Herausforderungen, von denen viele auf traumatische Erfahrungen zurückzuführen sind. Diese Erfahrungen hinterlassen unsichtbare Narben, die ihr Leben in vielerlei Hinsicht prägen können. Es ist wichtig zu verstehen, wie diese Traumata ihr Verhalten, ihre Emotionen und ihre Beziehungen beeinflussen können, sowie wie wir als Pflegeeltern und Betreuer darauf reagieren können.

Psychische Gesundheit

Traumata können zu einer Vielzahl von psychischen Gesundheitsproblemen führen, darunter Angststörungen, Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS). Diese Kinder können Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu regulieren und mit stressigen Situationen umzugehen.

Verhalten

Verhaltensauffälligkeiten wie Aggression, Rückzug, Hyperaktivität oder Selbstverletzung sind ebenfalls häufige Anzeichen für traumatische Erfahrungen bei Pflegekindern. Sie können Schwierigkeiten haben, Regeln zu befolgen und sich in sozialen Situationen angemessen zu verhalten.

Beziehungen

Traumata können das Vertrauen von Pflegekindern in andere Menschen erschüttern und ihre Fähigkeit beeinträchtigen, enge Beziehungen aufzubauen. Sie können Schwierigkeiten haben, Bindungen zu ihren Pflegeeltern, Geschwistern oder Gleichaltrigen aufzubauen. Dies kann zu weiteren sozialen und emotionalen Problemen führen.

Umgang mit Triggern und Auffälligkeiten

Der Umgang mit Triggern und Auffälligkeiten bei Pflegekindern, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, ist äußerst sensibel und individuell. Es erfordert nicht nur ein grundlegendes Verständnis des Themas Traumata, sondern auch eine eingehende Kenntnis der spezifischen Bedürfnisse jedes Kindes. Es ist wichtig zu betonen, dass individuelle Hilfe erforderlich sein kann, da die Bedürfnisse und Reaktionen jedes Kindes unterschiedlich sind. Die folgenden Informationen sollen einen allgemeinen Überblick über bewährte Praktiken und Unterstützungsmöglichkeiten bieten.

Trauma-informierte Pflege

Eine traumainformierte Pflegepraxis ist entscheidend, um Pflegekindern mit traumatischen Erfahrungen angemessen zu unterstützen. Dies bedeutet, ihre Bedürfnisse zu verstehen und einfühlsam auf ihre Emotionen zu reagieren. Hierzu gibt es oft Weiterbiuldungsangebote für Pflegeeltern, dessen Nutzung sehr zu empfehlen ist. Auch der Austausch in einer Gemeinschaft wie zum Beispiel einem regionalen Pflegeelternverein kann untersützend sein (wir „Nesteltern“ bieten im Kreis Pinneberg relemäßige Treffen an).

Stabile und unterstützende Beziehungen

Geduld und Einfühlungsvermögen sind entscheidend, um stabile und unterstützende Beziehungen zu den Pflegekindern aufzubauen. Durch eine verlässliche Bindung können Kinder Sicherheit und Vertrauen entwickeln, die ihnen helfen können, ihre traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten.

Professionelle Unterstützung

Es ist wichtig, professionelle Hilfe anzubieten, wenn Kinder mit traumatischen Erfahrungen zu kämpfen haben. Therapie, Beratung und andere therapeutischeMaßnahmen können den Kindern helfen, ihre Emotionen zu verarbeiten und gesunde Bewältigungsstrategien zu entwickeln.

Selbstfürsorge

Pflegeeltern und Betreuer sollten auf ihre eigene psychische Gesundheit achten und sich selbstsicher um ihre Bedürfnisse kümmern. Die Betreuung von Pflegekindern mit traumatischen Erfahrungen kann herausfordernd sein, es ist wichtig, sich selbst zu unterstützen, um die besten Ergebnisse für die Kinder zu erzielen.

Hilfe bekommen, wenn Unterstützung benötigt wird

Als Pflegeeltern oder Betreuer kannst du auf eine Vielzahl von Ressourcen zurückgreifen, um Unterstützung zu erhalten. Lokale Behörden und Organisationen bieten oft Schulungen, Workshops und Unterstützungsgruppen an. Professionelle Therapeuten und Berater stehen ebenfalls zur Verfügung, um dir bei der Bewältigung von Herausforderungen zu helfen. Zögere nicht, Hilfe zu suchen – du bist nicht allein, und es gibt Menschen und Organisationen, die bereit sind, dich zu unterstützen.

Beispiele im Kreis Pinneberg und Umland

  • Wendepunkt e.V. – Die Interdisziplinäre Trauma-Ambulanz Westholstein bietet erste Hilfe für traumatisierte Kinder, Jugendliche und Erwachsene: https://www.wendepunkt-ev.de/interdisziplinaeres-traumazentrum/
  • Ankerland e.V. – Die Beratung ist ein Angebot für Eltern, Pflege- und Adoptiveltern sowie andere Bezugssysteme von traumatisierten Kindern und Jugendlichen: https://ankerland.de/beratungszentrum/unser_angebot/
  • Freunde der Kinder e.V. – Freunde der Kinder betreibt seit 1981 eine Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Familien im Pflege- und Adoptivbereich: https://www.freunde-der-kinder.de/seite/624616/beratungsstelle.html
  • Verein für Pflege- und Adoptiveltern Kreis Pinneberg e.V. – Wir vom Nesteltern.de bieten ein Netzwerk unter Pflegefamilien für unsere Mitglieder. So unterstützen wir auch den Austausch untereinander, welcher zum Teil leichter fällt, wenn das Gegenüber die Herausforderungen nachvollziehen kann und ggf. schon Erfahrungen hat. Regelmäßige Treffen und andere Aktivitäten werden auf der Terminseite veröffentlicht: https://www.nesteltern.de/termine/
  • Team Pflegestellen / Adoptionen Kreis Pinneberg – Im Team des Kreis Pinneberg gibt es für jede Pflegestelle mind. einen zuständigen Ansprechpartner. Diese können auch einbezogen werden und bieten Ihre Unterstützung an: https://www.kreis-pinneberg.de/pflegestellen_adoptionen.html

Was passiert, wenn die Hilfe nicht ausreicht?

In Fällen, in denen die Hilfe nicht ausreicht und ein Kind nicht in einer Pflegefamilie bleiben kann, werden alternative Betreuungsmöglichkeiten in Betracht gezogen. Dies könnte die Unterbringung in spezialisierten Pflegefamilien, Wohngemeinschaften oder Einrichtungen für Kinder mit besonderen Bedürfnissen umfassen. Das Ziel bleibt, dem Kind eine sichere und unterstützende Umgebung zu bieten, die seinen individuellen Bedürfnissen gerecht wird. In solchen Fällen arbeiten Fachleute eng mit den beteiligten Parteien zusammen, um sicherzustellen, dass das Kind angemessen betreut und unterstützt wird.

Schlussgedanken und Buchempfehlungen

Insgesamt ist es wichtig zu erkennen, dass Pflegekinder mit traumatischen Erfahrungen besondere Bedürfnisse haben. Durch eine einfühlsame und unterstützende Pflege können wir diesen Kindern helfen, ihre traumatischen Erfahrungen zu überwinden und ein gesundes und erfülltes Leben zu führen

Hier noch einige Buchempfehlungen, die zum Thema passen:

  • Wir haben gute Gründe! – Illustrierte Geschichten für Pflegekinder, ihre Pflegeeltern und Fachkräfte. Mit umfangreichen Erläuterungen aus der Praxis des Pflegekinderwesens: https://amzn.to/4cnfKqb
  • Nur Mut! – Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Herzklopfen, Angst, Panik & Co.: https://amzn.to/43suobB
  • Alles gut – Das kleine Überlebensbuch: Soforthilfe bei Belastung, Trauma & Co.: https://amzn.to/3VpdJDL
  • Das 6-Minuten Tagebuch für Kinder – Tagebuch für Jungs & Mädchen | Dankbarkeitstagebuch für mehr Selbstbewusstsein, Resilienz & Achtsamkeit: https://amzn.to/3IJuxxV

Mario Seeling

Mario Seeling ist ehrenamtlich im Vorstand der Nesteltern aktiv. Auf dieser Homepage ist er Admin, Autor und Ansprechpartner für alle Interessierten und Mitglieder. Wie alle anderen Vorstandsmitglieder, hat auch er selbst Pflegekinder und teilt seine mehrjährige Erfahrung gerne mit anderen.

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