Was tun, wenn Herausnahme droht?

Was tun, wenn Herausnahme droht?

Kampf um das Wohl des Pflegekindes: Was tun, wenn Herausnahme droht?

Pflegeeltern stehen manchmal vor der schwierigen Situation, dass ihr Pflegekind aus der Familie genommen werden soll. Die biologischen Eltern argumentieren häufig, sie seien stabil genug und das Kind solle bei ihnen aufwachsen. Auch die leiblichen Eltern oder der Vormund können Pflegekinder aus ihrer Familie entfernen und in eine andere Pflegefamilie, ein Kinderheim oder eine Einrichtung verlegen wollen. Dieser Konflikt hat weitreichende Auswirkungen auf das Wohl des Pflegekindes, ohne die Ängste und Belastungen der Pflegeeltern zu vernachlässigen.

Häufig fehlt Pflegeeltern jedoch das Wissen darüber, wie sie sich gegen solche Herausnahmeansprüche verteidigen können. Oft hören sie den Satz: „Sie sind nur die Pflegeeltern, Sie haben keine Rechte.“ Das ist jedoch falsch! Pflegeeltern haben das Recht, einen Antrag auf Verbleib des Pflegekindes in ihrer Familie zu stellen, wie es im § 1632 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verankert ist. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass das Wohl des Pflegekindes geschützt wird, wenn es eine enge Bindung zu seinen Pflegeeltern entwickelt hat.

Die Rechte der Pflegeeltern nach § 1632 Abs. 4 BGB

Gemäß § 1632 Abs. 4 BGB kann das Familiengericht anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn die Eltern beabsichtigen, es aus der Pflegefamilie wegzunehmen und dies dem Kindeswohl schaden würde. Dieses Gesetz berücksichtigt die wissenschaftlich belegte Tatsache, dass Pflegekinder im Laufe der Zeit eine enge Bindung zu ihren Pflegeeltern entwickeln und diese zu ihren „psychologischen Eltern“ werden. Der Verlust dieser Bindungen kann erheblichen Schaden anrichten, wie zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen.

Das Kindeswohlprinzip als Leitfaden

Entscheidend für das Familiengericht ist das Kindeswohlprinzip. Dieses Prinzip wurde nicht nur in § 1632 Abs. 4 BGB verankert, sondern auch in anderen Gesetzen wie § 1697 a BGB (Kindeswohlprinzip). Das Bundesverfassungsgericht betont immer wieder, dass das Wohl des Kindes in Konfliktsituationen zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern Vorrang hat. Selbst wenn die Eltern Grundrechte geltend machen, steht das Kindeswohl über diesen Rechten.

Kriterien für die gerichtliche Entscheidung

Das Bundesverfassungsgericht hat klare Kriterien für die gerichtliche Prüfung aufgestellt, abhängig davon, ob die leiblichen Eltern oder der Vormund die Rückführung des Kindes in die Herkunftsfamilie wünschen oder einen Pflegestellenwechsel fordern. Bei einem Rückführungswunsch müssen schwere und nachhaltige Schädigungen des körperlichen oder seelischen Wohlbefindens des Kindes zu erwarten sein. Bei einem Pflegestellenwechsel darf die Trennung des Kindes von seinen Pflegeeltern keine psychischen oder physischen Schädigungen verursachen.

Die Rolle des Gutachtens

Die Entscheidung hängt oft davon ab, ob der Abbruch der Bindungen für das Kind zumutbar ist. Dies ist eine kinderpsychologische Frage, bei der die Richter auf Sachverständigengutachten angewiesen sind. Diese Gutachten werden von Diplom-Psychologen oder Kinderpsychiatern erstellt und berücksichtigen die Erziehungsfähigkeit der leiblichen Eltern sowie die Qualität der Bindungen des Pflegekindes zu seinen Pflegeeltern.

Verfahren und Verfahrenspfleger

Sobald Pflegeeltern befürchten, dass ihr Pflegekind herausgenommen werden könnte, sollten sie beim Familiengericht einen Antrag auf Verbleib stellen. Das Gericht kann auch von sich aus tätig werden. Zeitliche Geschwindigkeit ist oft entscheidend, um Fakten zu verhindern, die die Herausnahme begünstigen könnten. Ein Verfahrenspfleger wird in der Regel für das Pflegekind bestellt, um seine Interessen im Verfahren zu vertreten und sicherzustellen, dass das Kindeswohl berücksichtigt wird.

Fazit

Die Herausnahme eines Pflegekindes ist eine äußerst komplizierte Angelegenheit, bei der das Kindeswohl im Mittelpunkt steht. Pflegeeltern haben jedoch das Recht, für den Verbleib des Kindes in ihrer Familie zu kämpfen. Das Familiengericht wird die Entscheidung aufgrund von Sachverständigengutachten treffen, die die individuellen Umstände des Falles berücksichtigen. Pflegeeltern sollten rechtzeitig handeln und gegebenenfalls eine vorläufige Anordnung des Verbleibes beantragen, um das Kind während des Verfahrens zu schützen. Die Unterstützung eines erfahrenen Anwalts kann in dieser schwierigen Situation von entscheidender Bedeutung sein. Eine wichtige Quelle meiner Recherche ist die Webseite von Rechtsanwalt Steffen Siefert, der auf Pflegeelternrecht.de umfangreiche und fundierte Informationen bereitstellt und über profunde Kenntnisse zum Thema verfügt. Von ihm stammen zum Beispiel auch die Informationen aus unserem Artikel zu Namensänderung bei Pflegekindern.


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Mario Seeling

Mario Seeling ist ehrenamtlich im Vorstand der Nesteltern aktiv. Auf dieser Homepage ist er Admin, Autor und Ansprechpartner für alle Interessierten und Mitglieder. Wie alle anderen Vorstandsmitglieder, hat auch er selbst Pflegekinder und teilt seine mehrjährige Erfahrung gerne mit anderen.

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